Ich habe Schwangerschaftsdiabetes
Als ich in meiner 28. Schwangerschaftswoche die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes (auch Gestationsdiabetes genannt) erhalten habe, war der Schock zunächst groß. Damit hätte ich niemals gerechnet! Direkt befiel mich eine große Angst, ob ich meinem Baby mit meinem bisherigen Essverhalten bereits Schaden zugefügt habe und ich machte mir Sorgen, wie der Diabetes nun den weiteren Verlauf meiner Schwangerschaft beeinflussen wird. Während ich mich dann direkt um einen Termin Diabetessprechstunde bemühte, habe ich mich erstmal tief durch zahlreiche Websites und Foren gewühlt, die mir nicht gerade meine Angst genommen haben und noch viele Fragen offen ließen. Gerne hätte ich in diesem Moment eine Freundin gehabt, die bereits Erfahrung mit dieser Form des Diabetes hat, die mich an die Hand nimmt und mir die Angst nimmt oder zumindest eine Quelle im Internet, bei der ich mich aufgehoben und verstanden fühle und bei der meine Fragen ohne Panikmache aufgegriffen werden. Da ich keine Seite fand, die meine damaligen Bedürfnisse erfüllte, beschloss ich, selbst über das Thema zu schreiben, als Betroffene. Ich freue mich, wenn ich Dir in dieser Situation zumindest eine digitale Stütze zu sein kann. Hier erfährst Du mehr über meinen persönlichen Umgang und Weg mit Gestationsdiabetes. Ich bin keine Diabetologin und auch keine Ärztin, werde Dir aber die Informationen die Du brauchst zuverlässig recherchiert darstellen. Ich bin seit Oktober 2020 Mutter eines gesunden Jungen, der bisher keine Anzeichen eines Diabetes gezeigt hat. Doch nun erzähle ich Dir erstmal, wie es bei mir zu der Diagnose kam.
Bin ich eine Risiko Patientin?
Bis zu diesem Tag haben sich bei mir keinerlei Schwangerschaftsbeschwerden gezeigt. Dennoch legte mir meine Frauenärztin ans Herz doch direkt den großen Zuckertest zu machen. Normalerweise findet die Blutuntersuchung zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche statt , bei “Risikopatientinnen” mit einem BMI über 30, hohem Blutdruck und Diabetes in der Familie kann er schon früher empfohlen und durchgeführt werden. Laut Definition bin ich alles andere als eine Risiko Patientin. Mein BMI lag schon immer im Normalgewicht, ich machte sowohl in als auch schon vor der Schwangerschaft gerne und regelmäßig Sport, mein Blutdruck war immer eher zu niedrig und bei mir in der Familie hat niemand einen diagnostizierten Diabetes.
Der kleine und der große Zuckertest
Die Kosten für den kleinen Zuckertest übernehmen die Krankenkassen, der große Zuckerbelastungstest als Erstuntersuchung kostet rund 20 Euro. Diese kann man sich aber bei den meisten Krankenkassen erstatten lassen. Die Tatsache, dass ich den Diabetes nicht gespürt habe, ist nicht ungewöhnlich, da typische Anzeichen wie starker Durst, häufiger Harndrang, Müdigkeit und Schwächegefühl im Zusammenhang mit der fortgeschrittenen Schwangerschaft meist anders gedeutet werden und oft auch eher mild ausgeprägt sind. Mehr zum Ablauf der beiden Zuckertests findest Du in der Rubrik Schwangerschaftsdiabetes. Bei mir lief der große Zuckertest, der auch oraler Glukosetoleranztest genannt wird, so ab, dass ich am Morgen völlig nüchtern (meine Ärztin erlaubte nicht mal einen Schluck Wasser nach dem Aufstehen) in die Praxis kommen sollte und mir Blut abgenommen wurde, um meinen Nüchternwert zu bestimmen. Ich durfte 8 Stunden vorher außerdem auch nichts mehr essen. Anschließend trank ich 75g Glukoselösung und wartete eine Stunde im Wartezimmer, bis mir ein zweites Mal Blut abgenommen wurde. Schließlich wartete ich wieder eine Stunde, bis es zu einer dritten Blutabnahme kam. Leider kann man sich die Wartezeit nicht mit rumlaufen innerhalb oder außerhalb der Praxis vertreiben, da man sich zwischen den Blutabnahmen so wenig wie möglich bewegen soll, um die Werte nicht zu verfälschen.
Die Werte bewegen sich in diesem Spektrum:
- Nüchtern: 5,1 mmol/l (92 mg/dl)
- nach einer Stunde: 10,0 mmol/l (180 mg/dl)
- nach zwei Stunden: 8,5 mmol/l (153 mg/dl)
Wenn einer dieser drei Werte erreicht oder überschritten wird, deutet das auf einen Gestationsdiabetes hin. Die Auswertung erfolgt meist erst wenn man die Praxis verlassen hat. Nachdem mir an diesem Tag also ein drittes Mal Blut abgenommen wurde, machte ich mich danach auf den Weg ins Büro und gönnte mir erstmal einen Cappuccino mit Vollmilch und einen Puddingplunder – nichtsahnend, dass dies die letzte Mahlzeit dieser Art für den Rest meiner Schwangerschaft sein würde.
Mein Lebensstil vor und während der Schwangerschaft
Vielleicht an dieser Stelle mal ein paar Worte zu mir und meiner Ernährungsweise vor und in der Schwangerschaft. Ich habe mein Leben lang immer intuitiv gegessen, sprich auf was auch immer ich Lust hatte, jedoch dabei trotzdem immer darauf geachtet, dass ich nach exzessivem Naschen auch mal was Gesundes auf den Teller hole. Außerdem habe ich schon immer gerne Sport getrieben, um mich fit zu halten und einen Ausgleich zum Beruf zu finden. Mein Body Mass Index war immer im Bereich des Normalgewichts, auch ohne Diät oder übermäßige sportliche Belastung. Als am Tag nach meinem Besuch beim Frauenarzt dann der Anruf kam, ich hätte erhöhte Werte beim Nüchternzucker, bin ich daher aus allen Wolken gefallen.
Besuch in der Praxis für Diabetologie
Ich suchte mir schnellstmöglich einen Diabetologen für Gestationsdiabetes und ging dort mit der festen Überzeugung hin, dass es doch bestimmt alles ein großer Irrtum sein musste. Da ich den Termin sehr spontan bekommen hatte, ging ich mit einem Falafelsandwich im Bauch in die Praxis und wurde dort nach einem kleinen Pieks in den Finger prompt wieder mit zu hohen Blutzuckerwerten erwischt. Die Ärztin beruhigte mich, dass wir das über eine Ernährungsumstellung sicherlich gut in den Griff bekommen würden und dass ich mir keine Sorgen machen solle. In vielen Fällen reicht eine Ernährungsumstellung aus, nur etwa jede vierte Frau mit Gestationsdiabetes wird insulinpflichtig, wenn sich der Zucker im Blut nicht über den Verzicht auf Zucker in jeglicher Form bewältigen lässt. Anschließend hatte ich noch eine einstündige Ernährungsberatung, was ich von nun an noch essen darf und was ich ab jetzt weglassen sollte. Die ernüchternde Erkenntnis – weder Eis noch die geliebte Wassermelone dürfen diesen Sommer mein Begleiter werden. Stattdessen: regelmäßige Besuche bei der Diätassistentin und das Blutzuckermessgerät, das mir direkt ausgehändigt wurde. Von nun an sollte ich mich viermal am Tag stechen: direkt nach dem Aufstehen, nach dem Frühstück, Mittag- und Abendessen und alles aber auch wirklich alles, was ich verzehrt habe sollte ich für vier Wochen in ein Ernährungsprotokoll aufnehmen (normalerweise sind es 2-3 Wochen Protokoll, allerdings konnten wir uns erst auf einen Folgetermin in vier Wochen einigen).
Etwa vier von zehn Schwangeren erhalten die Diagnose
Mit Tränen in den Augen lief ich zurück nach Hause und aß erstmal das letzte Stück Melone auf, der Tag war eh gelaufen. Ich fühlte mich sehr ungerecht behandelt, da ich zu dem Zeitpunkt von keiner wusste, die sich mit Schwangerschaftsdiabetes rumschlagen musste. Tatsächlich sind es aber jährlich 13,2 % aller schwangeren Frauen alleine in Deutschland, welche die Diagnose Diabetes Typ 4 erhalten. Und wenn man im Freundeskreis etwas genauer nachfragt, so findet man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch ein paar Leidensgenossinnen. Es ist mir ein Anliegen, Dich in den nächsten Wochen mit auf meine Reise zu nehmen und Dir viele Tipps zu geben, wie Du Deine Schwangerschaft trotz Gestationsdiabetes genießen kannst.